Es gibt eine Website, auf der man das genaue Datum seines Todes ausrechnen kann. Man gibt ein paar persönliche Daten ein und ein Algorithmus errechnet die Monate und Wochen, die Tage und Stunden, die einem bleiben. Die „Death Clock“ hat die Macht, ein Leben zu verändern. Mit der Gewissheit des Todes verändert sich nicht nur die Zeit, die vor einem liegt. Auch das Leben, das bereits gelebt wurde, stellt sich neu dar.
Ein Mann allein auf der Bühne. Ein Chatbot, mit dem er sein Leben live und in Echtzeit diskutiert. Chatbot "Chatsy" lernt immer mehr über das Leben des Mannes und den Umstand, dass sie live bei einer Performance mitmacht. Er bereitet sein Abschiedskonzert vor. Während auf drei Screens die Bilder einer Biografie vorbeiziehen, spielt er die Songs seines Lebens. Songs, die von Liebe und Freundschaft, von Verlust und Einsamkeit erzählen. Jeder Tod markiert einen Einschnitt, einen Bruch, um den herum sich alles neu ordnet. Auf dem Screen verändert sich die Erzählung. Neue Abzweigungen und neue Möglichkeiten erscheinen.
Aus dem geordneten Kosmos eines Lebens wird ein Multiverse an möglichen Leben, die parallel in der Zeit existieren. Was eben noch wie die ausgebleichten Foto-Erinnerungen an eine Jugend in den 1980er wirkte, entpuppt sich als „KI-generiert“ – genauer gesagt als Imagination eines Machine Learning Systems. Was passiert, wenn der Mensch auf der Bühne in einen Dialog tritt mit dieser sogenannten „künstlichen Intelligenz“?
Für /Imagine: Hellos and Goodbyes hat der Performer Daniel Nerlich im Rahmen von Interviews seine persönliche Biografie zur Verfügung gestellt. Als transkribierter Datensatz bietet sie den Ausgangspunkt für immer neue Überschreibungen seines Lebens durch Machine-Learning-Systeme. Um ein Bild oder Video mit einem solchen System zu generieren, verwendet man den Befehl: „/imagine“. Auf diese Weise träumen die scheinbar intelligenten Systeme Vorstellungsbilder aus Textbefehlen, sogenannten Prompts. In Zusammenarbeit mit diesen Technologien entstehen so alternative Lebenswege und Erinnerungen, die immer neue Narrationen einer Biografie hervorbringen.
Das ist die vielleicht erste (sicherlich nicht die letzte) Performance dieser Art. Der Umstand, dass die Antworten des Chatbots immer in Echtzeit generiert werden, lässt jede Performance anders ablaufen und ist auch für die Darsteller:innen zum Teil unvorhersehbar.
Das Stück wird in englischer und deutscher Sprache stattfinden.
Mit: Daniel Nerlich und Chatbot Chatsy
Regie: Tom Schneider & Tobias Staab (FARN. Kollektiv)
Bühne: Nadja Sofie Eller
Kostüm: Andrijana Trpković
3D-Design & AI-Programmierung: Warja Rybakova
Video: Nadja Sofie Eller & Tobias Staab
Gefördert von Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, Landesverband Freie Tanz- und Theaterschaffende Baden-Württemberg (LaFT BW) e.V. und Kulturamt der Stadt Freiburg im Breisgau.